Frau Fuß geht mit…

Wenn man bei Angela Fuß in die Praxis kommt, fühlt man sich gleich willkommen. Warme Töne überwiegen, die Sonne lässt den Raum an diesem Tag leuchten.

„Frau Fuß geht mit.“ ist Ihr Praxisname. Was steckt dahinter?
Angela Fuß: Als Lebens- und Sterbeamme ist der Name eigentlich Programm. Ich begleite die Menschen, die in meine Praxis kommen. Egal, ob der Grund ein Todesfall, eine Trennung oder eine andere Art der Krise oder des Abschiedes ist. Es geht darum, sich gemeinsam auf den Weg zu machen. Einen Schritt nach dem anderen zu tun und immer wieder inne zu halten und zu schauen, was als nächstes dran ist. Ich bin dabei. Deshalb heißt es in meinem Praxisnamen „Frau Fuß geht mit. Begleitung. Weiter. Leben.“

Wie wird man Lebens- und Sterbeamme?
Ich habe bereits einige Abschiede durchlebt, die bei mir Eindrücke, Spuren und Erfahrungen hinterlassen haben. Mich hat immer interessiert, was Übergänge in einer Biographie bedeuten und wie Abschiedsprozesse funktionieren und gestaltet werden können. Deshalb habe ich die Ausbildung zur Lebens- und Sterbeamme bei Claudia Cardinal neben meiner damaligen Festanstellung bei der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein begonnen. Zunächst aus rein privatem Interesse. Während der Ausbildung reifte dann der Wunsch, mich selbstständig zu machen. Anfang 2019 war es soweit. Ich bin hier ins TÖZ gezogen. Zunächst noch in einen anderen Raum. Seit dem Abschluss meiner Ausbildung im September 2019 bin ich offiziell Lebens- und Sterbeamme.

Ist es nicht belastend, sich täglich mit traurigen Themen zu beschäftigen? Wie finden Sie einen Ausgleich zu Ihrer Arbeit?
Bis jetzt merke ich, dass ich Beruf und Privates gut voneinander trennen kann. Dies ist vielleicht auch der Tatsache geschuldet, dass ich diese Praxisräume habe und keine Gesprächstermine oder Ähnliches zu Hause mache. Vielleicht wird dies anders, wenn ich mehr Beratungstermine habe. Momentan kann ich beides gut trennen. Ich ziehe sehr viel daraus, dass ich als Lebens- und Sterbeamme das Privileg habe, Menschen in Krisen beitragen zu dürfen. Meine Klient:innen möchten wachsen und lernen – es ist großartig und oft ein Geschenk für mich, die dafür nötigen Prozesse mit erleben zu dürfen. Ich kriege also viel zurück.

Als Selbstfürsorge ist mir die Supervision sehr wichtig. Ich habe zum kollegialen Austausch eine Sterbeammengruppe in Eckernförde gegründet, außerdem bin ich Mitglied im Verein für Sterbeheilkunde, nutze Fortbildungen mit Naturschwerpunkten als Ausgleich und natürlich ist da meine Familie.

Das hört sich achtsam und durchdacht an.
Das ist es auch. Die Selbstfürsorge und Supervision habe ich bereits in meinem Businessplan berücksichtigt.

Was können Ihre Klienten und Klientinnen bei Ihnen erwarten?
Ganz grundsätzlich stelle ich einen geschützten Raum zur Verfügung, in dem alles sein darf – alle Gefühle, Bedürfnisse und Wahrnehmungen. Nichts ist falsch oder wird abgelehnt. Mein Gegenüber ist Expert:in für seine oder ihre Situation – ich begleite die Person dabei, ihren ganz individuellen Umgang mit der jeweiligen Krise zu finden. Das Ziel des Prozesses ist stets, dass meine Klient:innen einverstanden sind mit dem, was war und was ist. Ein besonderer Baustein meiner Arbeit ist die Begegnung mit der Natur. Dies liegt vielleicht auch an meinem Werdegang. Ich bin gelernte Gärtnerin, Diplom-Forstwirtin und Naturpädagogin. Über die Natur findet man immer einen Zugang zur Anbindung an eine höhere Ebene und den immerwährenden Wandel im Leben. Natur tröstet, verbindet und gibt Halt. Das ist ein großartiges Werkzeug.

Welche Pläne haben Sie für 2021?
Im kommenden Jahr biete ich Seminare an, auf die ich mich schon sehr freue. Das Seminar „Im Spiegel der Natur – Wege in die Mitte“ leite ich gemeinsam mit Alexandra Chevallerie, eine Initiatische Prozessbegleiterin. Es geht in diesem Tagesseminar darum, Vertrauen in das Leben zu finden. Denn die Natur reflektiert nicht nur, wer eine Person gerade ist, sondern auch, wer sie sein könnte. Die Termine sind für April im Raum Freiburg und Mai im Raum Fulda und Eckernförde geplant. Im September ist ein Wochenendseminar vorgesehen. Informationen gibt es über meine Webseite. Außerdem freue ich mich auf das zweite Seminar zum Thema „Nachhaltige Abschiedsgestaltung“, das ich im Frühling für den Verein für Sterbeheilkunde gebe. Gern würde ich ein Gruppenangebot für Hinterbliebene eines Suizids starten.

Gibt es ein Buch, das Sie gerade bewegt hat? Oder ein Lied?
Aktuell hat mich das Buch von Beatrice von Moreau „Willkommen und Lebewohl“ sehr berührt. Es ist fast wie ein Leitfaden zum Umgang mit einem Sternenkind – also ein Kind, das im Bauch oder kurz nach der Geburt stirbt. Die Autorin beschreibt in dem Buch sehr persönlich wie sie eine tiefe Verbindung mit dem Kind in ihrem Bauch aufnimmt und wie die Liebe zu diesem Kind nicht abbricht, als es nicht lebensfähig zur Welt kommt. Ein trauriges und gleichzeitig tröstliches Buch. Musikalisch bewegt mich zu meiner Arbeit immer der Song von Joris „Du“. Joris besingt in diesem Lied so schön seine oder unsere Verbindung zum Leben.